Der Dorfbrunnen von Bümpliz
Der Davidbrunnen
Der neugotische Brunnen im Zentrum von Bümpliz wird allgemein Dorfbrunnen genannt, obschon diese Bezeichnung eigentlich falsch ist. 1846 vom Architekten Gottlieb Hebler entworfen und vom Bildhauser Bargätzi geschaffen, stand er ursprünglich an der oberen Spitalgasse vor dem Südeingang der Heiliggeistkirche. Es war dies der dritte Brunnen am gleichen Standort. Ein schon 1372 erwähnter Wasserspender hiess Brunnen vor dem Spital. Im 16. Jh. wurde ihm eine Davidsfigur mit Krone aufgesetzt. Damit schuf man ein Pendant zur gegenüberliegenden Figur des Goliaths an der Ostseite des Christoffelturms. Weil mit der Einführung der Reformation die Darstellung von Heiligen wie eben des Christophorus verpönt war, entfernte man kurzerhand das Jesusknäblein auf der Schulter des Riesen und verpasste ihm einen Federhut sowie eine Hellebarde an Stelle des ursprünglichen Wanderstabs. Fortan hiess er offiziell Goliath; im Volksmund blieb er indes der Christophorus oder auf Berndeutsch weiterhin der Christoffel. Die Ignoranz gegenüber der behördlich verordneten Namensgebung war im Übrigen eine Autoritätsverweigerung, wie sie in der Geschichte der Stadt Bern nur selten vorkam. 1711 entstand ein neues Standbild, diesmal mit David als Knabe.
Der Christoffelturm
Das Obere oder Äussere Tor bildet das Hauptstück der letzten mittelalterlichen Stadtbefestigung. Mit 14 Metern Breite in der Ost- und Westfront, 55,5 Metern Höhe und 4,5 Metern Mauerdicke zur Ringmauer war er Berns grösster und mächtigster Wehrturm. Er wurde 1344-1346 errichtet und 1467-1488 erhöht. Zur Anlage des Turms gehörten das niedrige, breite Vorwerk und die Grabenbrücke über den fast 20 Meter breiten und 5 Meter tiefen Stadtgraben.
Durch den Bau der Schanzen (1622-1634) wurde der Mauergürtel mit dem Christoffelturm zur zweiten Verteidigungslinie. Diese Änderung bewirkte, dass der Turm nur noch notdürftig unterhalten wurde. Ein aufwendiges Umbauprojekt von 1783 kam nicht zur Ausführung. Mit der Schleifung der Schanzen (1831-1846) und der mittelalterlichen Ummauerung (1807-1830) änderte die städtebauliche Situation des Christoffelturms von Grund auf, indem er aus dem Verbund der Ringmauern herausgelöst und vom Durchgangsverkehr gemieden wurde. 1858 entstand durch den Bau des Personenbahnhofs in unmittelbarer Nähe ein neues Verkehrszentrum. Um den Turm entbrannten heftige Meinungskämpfe. Erste Abbruchpläne und verschiedene Renovations- und Umbauprojekte wurden vorerst abgelehnt. Die Befürworter des Abbruchs verwiesen auf den baufälligen Zustand des Turms und seine Verkehrsbehinderung. Als vermeintliches Wahrzeichen des Ancien Régime wurde er zuletzt zum politischen Streitobjekt. Am 15. Dezember 1864 beschliesst die Gemeindeversammlung mit 415 zu 411 Stimmen den Abbruch. Im Mai des folgenden Jahres ist das Zerstörungswerk im Namen des „Fortschritts“ vollendet. Die Abbruchstelle wird eingeebnet und erhält 1898 den Namen Bubenbergplatz.
Ein Brunnen für Rudolf von Erlach
Mit dem Abbruch des Christoffelturms und der Vernichtung der Goliathfigur – einzig der Kopf, eine Hand und die Füsse sowie ein als Trinkbecher umfunktionierter Daumen konnten gerettet werden – verschwand auch die Figur des David. In einem dreimaligen Anlauf schrieb der Gemeinderat einen Kunstwettbewerb zur Schaffung einer Sockelfigur von Rudolf von Erlach aus. Das Ergebnis befriedigte dennoch in keinem Fall und der Brunnensockel blieb unbesetzt. Mit dem Aufkommen des Lufttrams für die Strecke Bärengraben – Bahnhof – Friedhof entpuppte sich der Brunnen in zunehmendem Mass als lästiges Verkehrshindernis.
Der Abbruch des Brunnens an der Spitalgasse
Im Zusammenhang mit der Landesausstellung von 1914 in Bern entwickelte sich der Bahnhofplatz als Drehschreibe für das Tramnetz in Bern, das zu diesem Zeitpunkt vier Linien aufwies. 1919 debattierte der Berner Gemeinderat über zwei Projekte zur Erweiterung des Tramnetzes. Während er der Verlängerung der Linie 1 vom Bärengraben nach Ostermundigen aus Kostengründen (Steigungen Aargauerstalden, Laubeggstrasse und Ostermundigenstrasse) ablehnte, stimmte er einer Tramlinie nach Bümpliz zu. In diesem Zusammenhang entschied er sich für einen definitiven Abbruch des Brunnens. Ein Vorschlag zur Versetzung an das Ostende des Bubenbergplatzes fand keine Zustimmung. Der kurz zuvor gewählte nebenamtliche Baudirektor der Stadt Bern, der Bümplizer Architekt Karl Indermühle, schlug vor, den Brunnen als Geschenk der eingemeindeten ehemaligen Gemeinde Bümpliz zu übergeben.
Vom Stadt- zum Dorfbrunnen
Am 2. Juni 1919 erfolgte der Beschluss, das Objekt nach Bümpliz zu verlegen. Dem Vorschlag von Indermühle, es möchte auf dem Brunnen eine Inschrift angebracht werden mit Bezug auf die Vereinigung von Bümpliz und Bern, vermochte der Gemeinderat indes nicht zustimmen. Ob er nun mit der Verlegung dem Gedanken eines Geschenks an die gedemütigte ehemalige Dorfbevölkerung folgte, oder ob es sich schlicht um eine praktikable Lösung eines Verkehrsproblems handelte, kann heute nicht mehr ermittelt werden. Tatsache ist, dass der Brunnen den Bümplizerinnen und Bümplizern ans Herz gewachsen ist und nicht wenige das Projekt Tram Bernwest ablehnten, aus Furcht, die Zukunft des Dorfbrunnens zu gefährden. Im Übrigen ist die Diskussion um die Schaffung einer Figur auf dem Brunnensockel noch nicht beendet. Ob wir eines Tages noch die Ausschreibung eines vierten Kunstwettbewerbs erleben?
Max Werren
Der neugotische Brunnen im Zentrum von Bümpliz wird allgemein Dorfbrunnen genannt, obschon diese Bezeichnung eigentlich falsch ist. 1846 vom Architekten Gottlieb Hebler entworfen und vom Bildhauser Bargätzi geschaffen, stand er ursprünglich an der oberen Spitalgasse vor dem Südeingang der Heiliggeistkirche. Es war dies der dritte Brunnen am gleichen Standort. Ein schon 1372 erwähnter Wasserspender hiess Brunnen vor dem Spital. Im 16. Jh. wurde ihm eine Davidsfigur mit Krone aufgesetzt. Damit schuf man ein Pendant zur gegenüberliegenden Figur des Goliaths an der Ostseite des Christoffelturms. Weil mit der Einführung der Reformation die Darstellung von Heiligen wie eben des Christophorus verpönt war, entfernte man kurzerhand das Jesusknäblein auf der Schulter des Riesen und verpasste ihm einen Federhut sowie eine Hellebarde an Stelle des ursprünglichen Wanderstabs. Fortan hiess er offiziell Goliath; im Volksmund blieb er indes der Christophorus oder auf Berndeutsch weiterhin der Christoffel. Die Ignoranz gegenüber der behördlich verordneten Namensgebung war im Übrigen eine Autoritätsverweigerung, wie sie in der Geschichte der Stadt Bern nur selten vorkam. 1711 entstand ein neues Standbild, diesmal mit David als Knabe.
Der Christoffelturm
Das Obere oder Äussere Tor bildet das Hauptstück der letzten mittelalterlichen Stadtbefestigung. Mit 14 Metern Breite in der Ost- und Westfront, 55,5 Metern Höhe und 4,5 Metern Mauerdicke zur Ringmauer war er Berns grösster und mächtigster Wehrturm. Er wurde 1344-1346 errichtet und 1467-1488 erhöht. Zur Anlage des Turms gehörten das niedrige, breite Vorwerk und die Grabenbrücke über den fast 20 Meter breiten und 5 Meter tiefen Stadtgraben.
Durch den Bau der Schanzen (1622-1634) wurde der Mauergürtel mit dem Christoffelturm zur zweiten Verteidigungslinie. Diese Änderung bewirkte, dass der Turm nur noch notdürftig unterhalten wurde. Ein aufwendiges Umbauprojekt von 1783 kam nicht zur Ausführung. Mit der Schleifung der Schanzen (1831-1846) und der mittelalterlichen Ummauerung (1807-1830) änderte die städtebauliche Situation des Christoffelturms von Grund auf, indem er aus dem Verbund der Ringmauern herausgelöst und vom Durchgangsverkehr gemieden wurde. 1858 entstand durch den Bau des Personenbahnhofs in unmittelbarer Nähe ein neues Verkehrszentrum. Um den Turm entbrannten heftige Meinungskämpfe. Erste Abbruchpläne und verschiedene Renovations- und Umbauprojekte wurden vorerst abgelehnt. Die Befürworter des Abbruchs verwiesen auf den baufälligen Zustand des Turms und seine Verkehrsbehinderung. Als vermeintliches Wahrzeichen des Ancien Régime wurde er zuletzt zum politischen Streitobjekt. Am 15. Dezember 1864 beschliesst die Gemeindeversammlung mit 415 zu 411 Stimmen den Abbruch. Im Mai des folgenden Jahres ist das Zerstörungswerk im Namen des „Fortschritts“ vollendet. Die Abbruchstelle wird eingeebnet und erhält 1898 den Namen Bubenbergplatz.
Ein Brunnen für Rudolf von Erlach
Mit dem Abbruch des Christoffelturms und der Vernichtung der Goliathfigur – einzig der Kopf, eine Hand und die Füsse sowie ein als Trinkbecher umfunktionierter Daumen konnten gerettet werden – verschwand auch die Figur des David. In einem dreimaligen Anlauf schrieb der Gemeinderat einen Kunstwettbewerb zur Schaffung einer Sockelfigur von Rudolf von Erlach aus. Das Ergebnis befriedigte dennoch in keinem Fall und der Brunnensockel blieb unbesetzt. Mit dem Aufkommen des Lufttrams für die Strecke Bärengraben – Bahnhof – Friedhof entpuppte sich der Brunnen in zunehmendem Mass als lästiges Verkehrshindernis.
Der Abbruch des Brunnens an der Spitalgasse
Im Zusammenhang mit der Landesausstellung von 1914 in Bern entwickelte sich der Bahnhofplatz als Drehschreibe für das Tramnetz in Bern, das zu diesem Zeitpunkt vier Linien aufwies. 1919 debattierte der Berner Gemeinderat über zwei Projekte zur Erweiterung des Tramnetzes. Während er der Verlängerung der Linie 1 vom Bärengraben nach Ostermundigen aus Kostengründen (Steigungen Aargauerstalden, Laubeggstrasse und Ostermundigenstrasse) ablehnte, stimmte er einer Tramlinie nach Bümpliz zu. In diesem Zusammenhang entschied er sich für einen definitiven Abbruch des Brunnens. Ein Vorschlag zur Versetzung an das Ostende des Bubenbergplatzes fand keine Zustimmung. Der kurz zuvor gewählte nebenamtliche Baudirektor der Stadt Bern, der Bümplizer Architekt Karl Indermühle, schlug vor, den Brunnen als Geschenk der eingemeindeten ehemaligen Gemeinde Bümpliz zu übergeben.
Vom Stadt- zum Dorfbrunnen
Am 2. Juni 1919 erfolgte der Beschluss, das Objekt nach Bümpliz zu verlegen. Dem Vorschlag von Indermühle, es möchte auf dem Brunnen eine Inschrift angebracht werden mit Bezug auf die Vereinigung von Bümpliz und Bern, vermochte der Gemeinderat indes nicht zustimmen. Ob er nun mit der Verlegung dem Gedanken eines Geschenks an die gedemütigte ehemalige Dorfbevölkerung folgte, oder ob es sich schlicht um eine praktikable Lösung eines Verkehrsproblems handelte, kann heute nicht mehr ermittelt werden. Tatsache ist, dass der Brunnen den Bümplizerinnen und Bümplizern ans Herz gewachsen ist und nicht wenige das Projekt Tram Bernwest ablehnten, aus Furcht, die Zukunft des Dorfbrunnens zu gefährden. Im Übrigen ist die Diskussion um die Schaffung einer Figur auf dem Brunnensockel noch nicht beendet. Ob wir eines Tages noch die Ausschreibung eines vierten Kunstwettbewerbs erleben?
Max Werren